Ausrüstung

ZERTIFIZIERTE MOTORRADBEKLEIDUNG

Fünf neue Sicherheits- und Schutzstandards

 

Motorradbekleidung wird seit ein paar Jahren nach fünf neuen Schutzstandards zertifiziert. Hier wird Dir verraten, was dahintersteckt und worauf beim Kauf zu achten ist.

In Motorradbekleidung finden sich die oben abgebildeten Etiketten, welche die fünf Schutzstandards abbilden. Mithilfe der fünf Klassen, dargestellt durch die Buchstaben AAA, AA, A, B und C, können sich Käufer und Käuferinnen einen schnellen Überblick verschaffen, was die Klamotte leisten kann: C steht für reinen Aufprallschutz, B für reinen Abriebschutz und A für beides zusammen – geprüft und zertifiziert nach der Euro-Norm EN 17092-2 (bis 6): 2020. Beim kombinierten Abrieb-/Aufprallschutz ist Klasse A quasi die Freizeitklamotte, die den höchsten Tragekomfort bietet, allerdings auch die niedrigste Schutzstufe. Bei den Klassen AA und AAA kehrt sich das Verhältnis entsprechend um, vom Protektoren-bewährten Touring-Textilanzug bis hin zur reinen Protektoren-Rennkombi.

Manch einer wird ob der zunehmenden Standardisierung leicht genervt auf die Sicherheitsstandards reagieren und womöglich sagen: "Typisch Schweiz." Doch erstens gilt die Euro-Norm 17092 auch weit über die Schweiz hinaus, und zweitens betrifft es uns Motorradfahrer in der Schweiz verhältnismässig eher wenig. Denn beim Führen eines Motorrads ist hierzulande lediglich ein geeigneter Schutzhelm zwingend vorgeschrieben, und für diesen gelten schon lange eigene Normen. In einigen anderen Ländern achtet die Polizei hingegen darüber hinaus auch auf das Tragen von zertifizierter Schutzkleidung, weshalb die Euro-Norm EN 17092 dort relevanter erscheint.

Verpflichtend für Hersteller, nicht für FahrerInnen

Zugleich heisst das aber keineswegs, dass uns die EN 17092 nicht zu interessieren braucht! Denn wem die eigene Gesundheit am Herzen liegt, der achtet auf angemessene Schutzkleidung. Und hierbei bieten die fünf deutlich unterscheidbaren Schutzklassen eine gute Orientierung. Vor der Einführung der fünf Schutzstandards bescheinigte zwar im besten Fall ein kleines Motorradfahrer-Symbol die Zulassung als Persönliche Schutzausrüstung, im Vergleich dazu erleichtern es die verpflichtenden Standards aber, das individuell passende Schutzlevel von Kurz-mal-zur-Eisdiele über die flotte Landstrassenrunde bis hin zum Rennwochenende auszuwählen.

Dazu gezwungen wird derweil natürlich niemand, zumindest nicht unter Motorradfahrerinnen und -fahrern. Anders sieht es bei Händlern und Herstellern aus, die in ihrem Angebot nun nur noch nach EN 17092 zertifizierte Schutzkleidung als Motorradbekleidung anbieten dürfen. Bisher war eine CE-Kennzeichnung ausreichend, um Ware in Umlauf bringen zu dürfen. Das machten sich auch dubiose Anbieter aus Fernost zunutze, welche die CE-Kennzeichnung kurzerhand als "China Export" umdeuteten und ihr eigenes, optisch kaum von europäischen unterscheidbares CE-Zeichen auf die Waren druckte.

Wie funktionieren die Zertifizierungen für Motorradjacken und -hosen?

Der komplette Leitfaden von den Erfindern der Protektoren

ARTIKELINHALT

- Die Norm EN17092 klassifiziert die mechanische Beständigkeit von Kleidungsstücken von C bis AAA

- Für ein sicheres Kleidungsstück braucht man lediglich ein starkes Gewebe, das die Anforderungen der Norm erfüllt

- Viel schwieriger ist es, Jacken und Hosen herzustellen, die Sicherheit, Ergonomie und Komfort kombinieren

- Leder kombiniert die elastischen Eigenschaften des Materials mit hervorragender Abriebfestigkeit, wobei grosses Augenmerk auf den Komfort gelegt wird

Kleidungsstücke der Klasse A werden auch als „lightweight“ (d. h. leicht) definiert und schützen weniger als Kleidungsstücke der Klassen AA („mediumweight“, mittelschwer) und AAA („heavyweight“, schwer).

Zur Bestimmung der Beständigkeitsklasse werden die Kleidungsstücke in den verschiedenen Zonen bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten einem Abriebtest unterzogen: Es gibt drei verschiedene „Risikozonen“, die je nach dem Risiko eingeteilt sind, dass diese Teile des Kleidungsstücks bei einem Sturz mit dem Asphalt in Berührung kommen. Zone 1 ist die am stärksten exponierte Zone, die traditionell von starren Protektoren abgedeckt wird, und umfasst Schultern, Ellbogen, Hüften und Knie. Zone 2 umfasst Arme, Rücken, Gesäss und die Aussenseite der Beine. Zone 3 ist am wenigsten gefährdet für Stösse und Abrieb: Dazu zählen Brust, Bauch, die Innenseite der Arme und die Innen- und Rückseite der Beine.

 

Die Abriebtests werden nach der sogenannten „Darmstadt Methode“ durchgeführt, die das Rutschen des zu testenden Materials auf dem Asphalt simuliert. Diese gelten als bestanden, wenn der Durchbruch an der Probe nach dem Versuch kleiner als 5 mm ist.

Der Test für die Zone 1 von Kleidungsstücken der Klasse AAA erfolgt z. B. durch die Simulation eines Sturzes bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h, was einer Drehzahl von 707 U/min (Umdrehungen pro Minute) der verwendeten Spezialmaschine entspricht. Zum Vergleich: In der gleichen Risikozone wird ein Kleidungsstück der Klasse AA mit einer simulierten Geschwindigkeit von 70 km/h (412 U/min) und ein Kleidungsstück der Klasse A mit einer Geschwindigkeit von 45 km/h (265 U/min) getestet.

Zusätzlich zu diesen Tests werden die Kleidungsstücke auch auf ihre Nahtfestigkeit geprüft. Das alles trägt zum abschliessenden Urteil bei.

Komfort oder Sicherheit: Warum nicht beides?

Zusammengefasst ist es also einfach, ein extrem abriebfestes Kleidungsstück herzustellen: Es reicht, sehr dicke und starke Gewebe zu verwenden, auf Kosten von Flexibilität und Komfort. Die Kehrseite der Medaille? Diese Jacken und Hosen sind zum Motorradfahren grundsätzlich ungeeignet. Motorradfahrer brauchen für ihre Fahrten – ob kurze oder lange Strecken – Sicherheit, aber auch Komfort und Bewegungsfreiheit. Daher ist es Dainese gelungen, durch Materialien wie Leder und andere patentierte Gewebe ein optimales Gleichgewicht zwischen diesen Anforderungen zu finden.

Komfort und Bewegungsfreiheit sollten nicht als ein „Extra“ gelten. Sie sind vielmehr wesentliche Faktoren, die zur aktiven Sicherheit beitragen, die ein Kleidungsstück seinem Träger bietet. Die Unbedenklichkeit eines Kleidungsstücks, d. h. die Tatsache, dass es seinem Träger keinen Schaden zufügt, ist in der Tat ein weiteres Kriterium, nach dem die Zertifizierung vergeben wird.

Die Fähigkeit, einen Fahrer in die Lage zu versetzen, eine Verletzung zu vermeiden, nennt man aktive Sicherheit, und sie ist ein grundlegendes Prinzip für jedes Dainese-Produkt. In der Tat sollte man bedenken, dass jeder Motorradfahrer, der dank eines bequemen und ergonomischen Kleidungsstücks weniger erschöpft oder belastet ist, weniger schnell die Konzentration verliert und weniger schnell während der Fahrt in Notsituationen gerät.

Leder: der Schutz der Legenden

Von Giacomo Agostini bis Valentino Rossi – seit 50 Jahren schützt Dainese mit seiner Lederkleidung die berühmtesten Piloten in der Geschichte der Motorrad-WM sowie Motorradfahrer auf der ganzen Welt.

Leder ist bekanntlich das Material schlechthin für Motorradbekleidung und wird seit den Anfängen der Disziplin verwendet. Ein natürlicher Schutz, der Elastizität und Abriebfestigkeit mit Komfort für den Träger verbindet. Ein Material, dessen Leistung nicht künstlich nachgebildet werden kann: Kein Ersatzmaterial kann seine Eigenschaften in Bezug auf Gewicht, Dicke und Elastizität erreichen. Jedes Kunstleder erreicht ab einer bestimmten Reibgeschwindigkeit Temperaturen, die zum Schmelzen des Materials und damit zu einer sehr schnellen Beschädigung führen.

Lederbekleidung ist die beste Wahl für alle, die ein sportliches Kleidungsstück mit ausgezeichneter Abriebfestigkeit suchen, sowohl für den Einsatz auf der Rennstrecke als auch auf der Strasse.

Die Zertifizierungsklasse eines Kleidungsstücks ist eine äusserst wichtige Angabe. Wie bereits erläutert, ist eine Jacke aus extrem dickem und widerstandsfähigem Material nicht unbedingt die beste, da sie beim Gewicht und bei der Steifigkeit Abstriche machen muss. Die Einhaltung der europäischen Normen, wie z. B. EN17092:2020 oder EN1621 (die Spezifikation, die den Schutz regelt), ist daher eine wesentliche Voraussetzung für jede Schutzkleidung, und es ist immer gut, sich vor dem Kauf und der Fahrt zu informieren – besonders wenn es um unsere eigene Sicherheit geht.